Kommentar "Anerkennung und Wertschätzung des Anderen"

30.04.2020

Ein Kommentar von Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Handan Aksünger-Kizil der "Alevitisch-Theologischen Studien".

Laut dem Religionssoziologen Peter L. Berger (2015) macht "Pluralismus nur Sinn, wenn Menschen miteinander und nicht über einander reden, so dass es zu einer dauernden Kommunikation kommen sollte". Berger beschreibt eine gesellschaftliche Situation, in der Menschen verschiedener Ethnien und Weltanschauungen friedlich zusammenleben und freundlich miteinander interagieren.

Auf dem oberen Bild, das anlässlich des 100-jährigen "Nationalfeiertags der Souveränität und des Kindes" am 23. April 2020 von der Istanbuler Stadtregierung in einer Broschüre veröffentlicht wurde, scheint eine freundliche Kommunikation mit Menschen verschiedener religiöser/konfessioneller Zugehörigkeit nicht nur möglich, sondern auch schon realisiert.

Trotz der Bemühungen der Istanbuler Stadtregierung werden innerhalb der Türkei und unter den türkeistämmigen Migranten*innen in Europa kritische Stimmen laut. Die explizite bildliche Visualisierung von "Anerkennung und Wertschätzung des Anderen oder der Differenz" unter dem Themenabschnitt "Religions- und Gewissensfreiheit" ist sehr zu begrüßen. Ist es nicht der Wunsch vieler Menschen mit unterschiedlichen ethnischen, religiösen, sprachlichen Zugehörigkeiten und verschiedener Weltanschauungen in einer zunehmend pluraler werdenden Welt, trotz der Differenzen und ihres Andersseins als gleichwertig anerkannt, respektiert und wertgeschätzt zu werden? Umso wichtiger erscheint es, dass eine Anerkennung der Differenz in einer staatlichen Broschüre namens "Republik und Demokratie" für Kinder und Jugendliche abgebildet wird, das vielleicht auch Eingang in die Schulbücher finden könnte. Eine Entwicklung, die auf die "Koexistenz eines säkularen und eines religiösen Diskurses" und die "Koexistenz unterschiedlicher Religionen und Ausdifferenzierungen" im Sinne Peter L. Bergers nicht nur verweist, sondern auch realisiert.