Portrait
Das bekenntnisorientierte Fach Alevitisch-Theologische Studien an der Universität Wien zählt zu den ersten auf universitärer Ebene theologischen Fächern, die das Alevitentum auf der Basis von Schriften und Traditionen erkenntnisorientiert auf religiöse Sinnstiftung hin untersuchen und lehren. Aus den Gründungsansätzen Alevitischer Theologie ergibt sich eine Position der Verantwortung gegenüber Wissenschaft, Gesellschaft und Staat in einem kulturell sowie religiös pluralen Europa. Mit einer Zahl von ungefähr 1,5 - 2 Millionen Alevit*innen und ihrer Migrationsgeschichte von ca. 60 Jahren in Europa entsteht an der Universität Wien ein neues akademisches Fach. Somit ist der deutschsprachige Migrationskontext der Entstehungsort der Alevitischen Theologie als eine Universitätsdisziplin.
Das wissenschaftliche Profil differenziert sich in Kerndisziplinen aus, die sich mit dem historischen, hermeneutischen, praktischen, systematischen und pädagogischen Feld theologisch auseinandersetzen. Hierfür zieht das interdisziplinäre Team schriftliche, mündliche, rituelle, bildliche sowie audiovisuelle Überlieferungen der alevitischen Tradition aus den verschiedenen Herkunftsregionen und Migrationskontexten heran. Eine besondere Herausforderung für das neue Fach besteht in der gleichzeitigen Ausrichtung auf historische Grundlagenforschung und gegenwartsbezogene Praxisforschung, die sich wechselseitig aufeinander beziehen.
Die daraus gewonnen religiösen Deutungsangebote werden in wissenschaftliche wie auch gesellschaftliche Diskurse eingebracht. Im Sinne des akademischen Dreiklangs von Forschung, Lehre und Transfer verstehen sich die Alevitisch-Theologischen Studien als eine Theologie, in der Mensch und Gott aufeinander bezogen gedacht werden. Dies impliziert auch Menschen in ihren jeweiligen Lebenswelten und Interpretationen wahrzunehmen und ihnen respektvoll zu begegnen. Der ethische Grundsatz des "Einvernehmens" (Rızalık) der alevitischen Tradition liefert ein wichtiges Prinzip für das friedliche Miteinander in einem religiös, kulturell und ethnisch pluralen Europa.