Zusammenfassung zum Online-Vortrag von Prof. Dr. Christian Danz: Differenzhermeneutik. Überlegungen zum Umgang mit religiöser Alterität in der Systematischen Theologie
Am 07.03.2023 fand am Institut für Islamisch-Theologische Studien der Online-Vortrag von Prof. Christian Danz "Differenzhermeneutik. Überlegungen zum Umgang mit religiöser Alterität in der Systematischen Theologie" statt.
Danz befasste sich mit der Differenzhermeneutik, indem er sich auf die bisherige religionstheologische Debatte bezog und die Unterschiede und Besonderheiten der Religionen bei der theologischen Theoriebildung berücksichtigte. Zu Beginn betonte er, dass er sich weitestgehend auf die protestantische Theologie bezieht und somit keinen Anspruch auf eine Übertragbarkeit auf die Sicht anderer Religionen erhebt. Der Vortrag war in drei Abschnitte unterteilt. Der erste Teil behandelte die bisherige theologische Debatte zur Religion. Der zweite diskutierte die damit verbundenen Probleme und schlug einen Religionsbegriff vor, der diese hinter sich lässt. Im letzten Teil behandelte Danz die Konsequenzen, die sich aus dem vorgeschlagenen differenzhermeneutischen Ansatz für eine für Pluralismus offene Theologie ergeben. Er präsentierte zunächst alternative Modelle zu traditionellen christlichen Sichtweisen auf andere Religionen, insbesondere das pluralistische Modell, das eine Unterscheidung zwischen dem transzendenten Absoluten und den historischen Religionen vorschlägt. Dieses Modell kann dazu führen, dass ein Widerspruch zwischen Theologie und Religion entsteht, und die Sicht der geschichtlichen Religionen in der Religionstheologie keine Berücksichtigung findet.
Der Vortragende betonte die Notwendigkeit, Besonderheiten und Absolutheiten der einzelnen Religionen anzuerkennen. Neue Formen wie der Inklusivismus und die komparative Theologie gehen im Gegensatz dazu nicht von einem universalen Religionsbegriff aus. Der Religionsbegriff bezieht sich somit auf die Theologie, die auf die christliche Religion anwendbar ist und als Kommunikation in der Kultur als eigenständige Religion verstanden und weitergegeben wird. Theologische Unterschiede zwischen den Religionen müssen demnach vorhanden sein, um als eigenständige Religion anerkannt zu werden. Die Theologie des Christentums bezieht sich somit auf sich selbst und nicht auf andere Religionen und deren Wahrheit, sondern beobachtet diese lediglich. Ihre Aufgabe ist es in erster Linie, die geschichtliche Weitergabe zu betrachten.
Der Vortrag führte zu einer spannenden anschließenden Diskussion zwischen Angehörigen verschiedener Glaubensrichtungen und hat einen umfassenden Einblick in die Debatte der Differenzhermeneutik aus protestantischer Sicht geboten.
Im Namen des Instituts für Islamisch-Theologische Studien möchten wir Prof. Christoph Danz für seinen interessanten Vortrag und allen Teilnehmenden für ihr Interesse danken.
Zusammenfassung zum Online-Vortrag von Dr. Swami Medhananda: Interfaith Hermeneutics in Hinduism: From Advaitic Inclusivism to Religious Pluralism
Am 17.05.2023 hielt Dr. Swami Medhananda am Institut für Islamisch-Theologische Studien seinen Online-Vortrag "Interfaith Hermeneutics in Hinduism: From Advaitic Inclusivism to Religious Pluralism". Daran nahmen zahlreiche Personen teil, die sich aktiv an der abschließenden Diskussion beteiligten.
Der Referent präsentierte spannende Erkenntnisse über Ramakrishnas Lehren zum religiösen Pluralismus, die einen Bezug zum Verständnis des interreligiösen Dialogs in modernen Gesellschaften erlauben. Medhananda gab interessante Einblicke in die drei Paradigmen religiöser Diversität und stellte die Konzepte des Exklusivismus, des Advaitic Inklusivismus und des religiösen Pluralismus vor. Daran anknüpfend gewährte er Einsichten in Sri Ramakrishnas philosophische Auffassung darüber, wie die vedantische Philosophie dazu beiträgt, eine Harmonisierung der Weltreligionen herzustellen und auf welche Weise über den Weg des Non-Dualismus reines Bewusstsein ermöglicht wird, das sich nicht auf eine einzige Religion beschränkt. Diese Perspektive löste bei den Zuhörer*innen großes Interesse aus, was zu einer lebhaften Diskussion darüber führte, ob jede Religion als gleichwertig angesehen werden kann und ob es konkrete Kriterien gibt, die eher dazu beitragen, durch die eigene Religion die letzte Erlösung (final salvation) zu finden. Medhananda beantwortete diese Fragen dahingehend, dass es, mit der Ausnahme fundamentalistischer und dogmatischer Strömungen, keinen falschen Weg gibt, der dazu führt, über Gott die letzte Erlösung zu erreichen. Die Einblicke in interreligiös geprägte Hermeneutik und die philosophisch-theologischen Konzepte zu religiöser Diversität in einer pluralen Gesellschaft sind eine wichtige Basis für eine ambiguitätstolerante und wertschätzende Begegnung im Zuge interreligiöser Lehr-/Lernprozesse.
Zusammenfassend sei festgehalten, dass Medhananda bei den internationalen Zuhörer*innen großes Interesse weckte. Dafür gebührt ihm und allen Teilnehmenden seitens des Instituts für Islamisch-Theologische Studien herzlicher Dank.
Zusammenfassung zum Online-Vortrag von Cem Kara: Hermeneutik zwischen Eindeutigkeit und Mehrdeutigkeit. Eine ambiguitäts- und emotionstheoretische Lesart alevitischer Quellen
Am 30.05.2023 fand am Institut für Islamisch-Theologische Studien der Online-Vortrag von Dr. Cem Kara "Hermeneutik zwischen Eindeutigkeit und Mehrdeutigkeit" statt.
Die Teilnehmenden aus unterschiedlichen Fachbereichen waren äußerst interessiert und hatten nach dem Vortrag ausreichend Gelegenheit, aufgetretene Fragen zu stellen. Im Fokus standen vor allem die Klärung von Ambiguität und die Repräsentation von Emotionen im Alevitentum in einem religionswissenschaftlichen Kontext, die Kara anhand von Ergebnissen seiner Forschungen präsentierte. Dank seiner alevitisch-theologischen Binnenperspektive verfügt er über ein breites Spektrum an Fachwissen, auf das er in diesem Kontext zurückgreifen konnte.
Zu Beginn gab Kara einen kurzen Überblick über die Art der Wissensvermittlung im Alevitentum. Dabei betonte er, dass neben der vorherrschenden Annahme einer hauptsächlich mündlichen Überlieferung auch einem Kernkorpus schriftlicher Quellen eine bedeutende Rolle zukam, die nicht zu unterschätzen sei. Im Anschluss präsentierte Kara eine Definition des Begriffs Ambiguität innerhalb der alevitischen Theologie. Er erläuterte die Unterschiede bei den Abweichungen von Ideen, die entweder komplementär (diversa) oder kontrovers (adversa) sein können. Kara unterstrich sein besonderes Interesse an der Bedeutung der Produktionsästhetik und präsentierte ambivalente Glaubenskonzepte, die vorrangig zentrale Aspekte des Glaubens behandeln. Er legte ein spezielles Gewicht auf die vielfältigen Vorstellungen von Imam Ali im Kontext der ambigen Glaubensvorstellungen und hob hervor, dass Ambiguität auch intendiert einsetzbar ist, um eine größere Zielgruppe anzusprechen. Im zweiten Teil widmete sich Kara der Repräsentation von Emotionen im Alevitentum und erläuterte zunächst das allgemeine soziologische Verständnis von Emotionen. Darauf aufbauend präsentierte er sein Forschungsinteresse, das sich auf die emotionale Aufladung von Glaubensüberzeugungen konzentriert. Basierend auf seinen Erkenntnissen legte er die grundlegenden Emotionen dar, die in alevitischen Gedichten dominieren und als rhetorische Mittel eingesetzt werden. Kara stellte die grundlegenden Emotionen wie Liebe, Trauer und Zorn vor, die in alevitischen Gedichten vorherrschen.
Im abschließenden Fazit ging er erneut auf die Mehrdeutigkeit der Glaubenslehre ein und betonte die Eindeutigkeit der im Alevitentum vorherrschenden Emotionen, die er als Orthopathie bezeichnete. Der Vortrag bot eine prägnante Bestandsaufnahme der aktuellen Forschungslage und ebnete den Weg für kritische Überlegungen, die zur Gestaltung einer pluralistischen Gesellschaft und zur Förderung des intra- und interreligiösen Dialogs beitragen können.
Im Namen des Instituts für Islamisch-Theologische Studien möchten wir uns bei Dr. Cem Kara aufrichtig für seinen spannenden Vortrag und bei den Anwesenden für ihre aktive Beteiligung bedanken.
Zusammenfassung zum Online-Vortrag "Religionsübergreifende Narrative in Hadithüberlieferungen als Ausgangspunkt interreligiös-hermeneutischer Überlegungen" von Dr. Ulvi Karagedik
Am 13.06.2023 hielt Dr. Ulvi Karagedik am Institut für Islamisch-Theologische Studien den Online-Vortrag "Religionsübergreifende Narrative in Hadithüberlieferungen als Ausgangspunkt interreligiös-hermeneutischer Überlegungen".
Der Vortrag zog Teilnehmende unterschiedlicher Konfessionen an, die ihr Fachwissen einbrachten und zu einer spannenden Diskussion beitrugen, die die Bedeutung der Interreligiosität betonte. Der Referent konzentrierte sich auf die Klärung interreligiöser Hermeneutik auf der Grundlage der monotheistischen Religionen, wobei er die Gemeinsamkeiten, Wechselwirkungen und Spannungsfelder herausstellte. Karagedik hob zunächst die Auswirkungen einer weitgehend monotheistisch geprägten Welt auf die hermeneutischen Dimensionen des Religionsverständnisses hervor und betonte die grundsätzliche Offenheit des Islams für ein interreligiöses Religionsverständnis.
Karagedik verwies auf die Geburt Jesu und den Glauben an die Trinität als beispielhafte Themen, die die muslimische Gemeinschaft dazu ermutigen, ein differenziertes Verständnis zu praktizieren und offen für abweichende Standpunkte zu sein. Im Anschluss bezog sich der Vortragende auf die Relevanz des Abbilds Hadith als geeignete Quelle für interreligiöse und hermeneutische Untersuchungen. Er erklärte, dass das Abbild Hadith, das besagt, dass Gott Adam nach seinem Vorbild erschaffen habe, in der klassischen islamischen Lehre zunächst eine gewisse Abwehrhaltung hervorruft, da es im Kontrast zur Auffassung steht, dass nichts Gott gleichen kann. Der Vortragende unterstrich die Berührungspunkte zwischen den Texten des Alten Testaments und der Tora sowie die damit verbundenen Widersprüche in Bezug auf die islamischen Primärquellen. Dies führte zu einer Diskussion über den Umgang mit interreligiös-hermeneutischen Fragestellungen, die Subjektorientierung im Christentum und bestehende Herausforderungen im religiösen Diskurs. Schließlich waren sich die Teilnehmenden und der Referent darin einig, dass der interreligiöse Dialog entscheidend für ein verständnisvolles Zusammentreffen der monotheistischen Religionen ist.
Das Institut für Islamisch-Theologische Studien möchte sich herzlich bei Dr. Ulvi Karagedik für den spannenden Vortrag und bei allen Teilnehmenden für ihre aktive Beteiligung an der Diskussion bedanken.
Zusammenfassung zum Online-Vortrag von Oberrabbiner Jaron Engelmayer von der IKG: Die jüdischen Grundlagen für das interreligiöse Verständnis
Am 27.06.2023 fand am Institut für Islamisch-Theologische Studien ein Online-Vortrag von Oberrabbiner Jaron Engelmayer von der IKG statt, in dem er einen Einblick in die religiösen Grundlagen des Judentums und dessen Beziehungen zu anderen Religionen gab.
Zu Beginn präsentierte Engelmayer einen detaillierten Überblick über den Ursprung der Tora und erklärte den Unterschied zwischen schriftlicher und mündlicher Lehre im Judentum. Die Tora, bestehend aus den fünf Büchern Moses, stellt die zentrale Quelle und das grundlegende Fundament des jüdischen Glaubens dar. Engelmayer erläuterte die Überlieferungstradition und betonte die Authentizität der jüdischen mündlichen Lehre, die auf einer kontinuierlichen Selbstkritik und dem Streben nach Wahrheit im Judentum beruht.
Der Vortragende hob insbesondere die Einheit und Gleichheit aller Menschen hervor, die er auf die Geschichte von Adam und Eva zurückführte. Diese Erzählung soll verdeutlichen, dass jeder einzelne Mensch als individuelles Wesen erschaffen wurde. Im Judentum wird daher nicht die Abstammung, sondern die moralischen Entscheidungen einer Person als Maßstab für ihre Bewertung herangezogen.
Des Weiteren erklärte Engelmayer, dass gemäß der jüdischen Sichtweise jeder Mensch eine individuelle Aufgabe hat, die er im Lauf seines Lebens erfüllen muss. Obwohl der Übertritt zum Judentum ein anspruchsvoller Weg sein kann, ist dies keineswegs als negative Bewertung anzusehen, da das Judentum keine missionarische Religion sei. Vielmehr wird im Judentum ein hoher Wert auf religiösen Pluralismus gelegt, wobei lediglich das Götzentum abgelehnt wird. Für Nicht-Jüdinnen*Nicht-Juden gelten daher lediglich sieben grundlegende Gebote anstelle der 613 Gebote des Judentums. Das Judentum betrachtet sich nicht als anderen Religionen überlegen, sondern ermutigt dazu, moralische Verhaltensweisen zu leben und einander mit Respekt zu begegnen. Das ultimative Ziel ist eine messianische Zeit des Weltfriedens, in der die Menschen harmonisch zusammenleben können.
Abschließend gewährte der Referent einen Einblick in die drei Säulen (das Volk, das Land Israel und die Religion) des Judentums sowie das Verständnis des Jenseits und des Umgangs dieser Religion mit Polytheismus. Laut Engelmayer ist es für Jüdinnen*Juden heutzutage von großer Bedeutung, sich aktiv in den interreligiösen Dialog einzubringen und einen konstruktiven Austausch mit Vertreter*innen anderer Glaubensrichtungen zu pflegen. Die Veranstaltung hat maßgeblich dazu beigetragen, das Verständnis für das Judentum zu erweitern und den interreligiösen Dialog zu fördern.
Im Namen des Instituts für Islamisch-Theologische Studien möchten wir Jaron Engelmayer herzlich für seinen spannenden Vortrag und allen Teilnehmenden für ihre aktive Beteiligung danken.